Halt mich fest

Wir brauchen alle liebevolle Aufmerksamkeit

Halt mich fest-Gespräche (Hold me tight)

Erfinderin der „Halt mich fest-Gespräche“ (Hold me tight) ist Dr. Susan Johnson, eine klinische Psychologin und international anerkannte Paartherapeutin, die die emotionsfokussierte Paartherapie entwickelt hat. Sie ist eine führende Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Beziehungsforschung. Sie hat die Hold me tight-Gespräche entwickelt, um Paaren eine Landkarte an die Hand zu geben, mit deren Hilfe sie besser verstehen können, was schiefgeht in ihrer Beziehung und wie sie lernen können, sich wieder miteinander zu verbinden.

Im Halt-mich-fest Gespräch geht es darum, Ihrem Partner die tiefsten Ängste in Ihrer Beziehung mitzuteilen und ihm zu erzählen, was Sie von ihm brauchen, wenn Sie mit diesen Ängsten konfrontiert werden.

Weshalb Bindungserfahrungen für Paare so wichtig sind

Jede Paarbeziehung ist eine Bindungsbeziehung

Alle kennen das Bedürfnis von Kindern, eine feste Bezugsperson zu haben, die für sie da ist. Im Idealfall fühlen sie sich bei ihr sicher, geschützt und geborgen. Ihr vertrauen sie, dass sie ihre Bedürfnisse feinfühlig wahrnimmt und auf sie eingeht. Sie ist da, wenn sie Nähe suchen und wenn sie sich unwohl fühlen, wenn sie z.B. krank sind oder in eine Situation kommen, die sie noch nicht kennen.

Diese Bezugspersonen, in der Regel die Eltern, sind idealerweise die sichere Basis, von der aus Kinder in die Welt gehen und Erfahrungen machen können. Nicht alle Kinder sind aber so sicher gebunden. Manche wurden körperlich oder emotional vernachlässigt oder haben in den Beziehungen mit ihren Eltern andere Verletzungen davongetragen, die ihr Bindungsverhalten nachhaltig beeinflussen. Das macht sich dann vor allem in Paarbeziehungen bemerkbar.

Sicherer Hafen

Das grundlegendste Bedürfnis in Paarbeziehungen ist die sichere emotionale Verbindung. Partner / Partnerinnen sind im Idealfall füreinander wie ein sicherer Hafen und geben emotionale Sicherheit, auch wenn es im Leben stürmisch wird. Die Suche nach einem sicheren Hafen ist ein Zeichen von Gesundheit, nicht von Abhängigkeit oder Verstrickung.

Wenn Sie sich also an Ihren Partner gebunden fühlen, ist das etwas Normales. Emotionale Abhängigkeit in Beziehungen ist gesund, weil Partnerinnen / Partner einander im besten Fall einen sicheren Hafen bieten.

Partner:innen unterstützen und trösten sich auf verschiedene Weise:

• Sie hören zu, wenn der / die andere Sorgen hat.

• Sie verhalten sich aufmerksam, wenn die / der andere krank ist.

• Sie helfen dem / der anderen, wenn er / sie müde ist.

• Sie besprechen miteinander, was sie tagsüber erlebt haben.

• Sie nehmen Anteil und / oder trösten, wenn die / der Partner:in traurig ist.

Partner:innen ermutigen einander, sich weiterzuentwickeln, indem sie zum Beispiel

• sich bei der Arbeit und anderen Aktivitäten unterstützen;

• sich wirklich für die Meinung des / der anderen interessieren und Fragen stellen;

• sich gegenseitig von ihren Hoffnungen und Träumen erzählen und sich dabei zuhören;

• die / den Partner:in in seinem Selbstvertrauen bestärken („Du schaffst das!“).

Die sichere Verbindung ist die Basis für die manchmal auch raue Auseinandersetzung mit der Welt.

Die wichtigsten Beziehungsfragen sind:

• Bist du da für mich?

• Erreiche ich Dich, wenn ich Dich brauche?

• Wirst Du mir Deine Aufmerksamkeit schenken, Dich für mich einsetzen?

• Kann ich mich darauf verlassen, dass Du auf meine Gefühle eingehen wirst und dass sie Dir nicht gleichgültig sind?

• Bin ich wichtig für Dich? Wirst Du mich an erste Stelle setzen?

• Bist du mir nahe?

Selbsttest zum eigenen Bindungsstil

Ob Sie sich an Ihren Partner / Ihre Partnerin sicher binden können oder umgekehrt, für Ihre Partnerin / Ihren Partner eine sichere Bindungsperson sind, hängt von Ihren Bindungserfahrungen ab. Wenn Sie herausfinden wollen, welchen Bindungsstil Sie entwickelt haben, machen Sie den folgenden kurzen Test.

Wie Erfahrungen in der Kindheit die Bindungsqualität prägen

In der folgenden Darstellung können Sie auf einen Blick sehen, welchen Zusammenhang es gibt zwischen der Bindungsqualität, die sich entwickelt und den Erfahrungen, die Menschen in ihrer Kindheit mit Bindungspersonen gemacht haben:

Was passiert mit der Bindung bei Konflikten und Streit in der Beziehung?

Konflikte und Streit handeln eigentlich davon, dass die sichere emotionale Verbindung gestört ist. Verunsicherungen der Bindung folgen dann einem typischem Muster: Protest (Ärger), Anklammern, Verlassenheitswut.

Ein Beispiel

Vielleicht kennen Sie das: Ihr  / Ihre Partnerin kommt regelmäßig zu spät aus dem Büro. Bei Ihnen entsteht das Gefühl, dass Sie und die freie Zeit mit Ihnen ihm / ihr nicht mehr wichtig sind. Was tun Sie?

In der Regel werden Sie sich nicht mit ihm / ihr hinsetzen, um ihm / ihr in aller Ruhe zu sagen: „Du, Schatz, wenn du regelmäßig später aus dem Büro kommst, habe ich das Gefühl, als wäre ich nicht mehr wichtig für dich.“

Stattdessen reagieren Sie vielleicht beleidigt und zeigen ihm / ihr die kalte Schulter, wenn er / sie zur Tür reinkommt. Äußerlich wollen Sie so wirken, als wenn Ihnen sein / ihr Verhalten nichts ausmacht. Innerlich fühlen Sie sich verletzt, weil Sie sich wünschen, mehr beachtet zu werden.

Oder Sie sind gereizt und machen Vorwürfe: „Weißt du wie spät es ist? Immer sind Sachen im Büro wichtiger? Am besten stellst du dir dein Bett im Büro auf. Wenn das so weitergeht, brauchst du gar nicht mehr nach Hause zu kommen“.

Reflexion: Ihre Gefühle bei Konflikten

Wenn Paare nicht über ihre verletztes Bedürfnis nach Nähe und (Ver-)Bindung mit ihrem / ihrer Partnerin sprechen, sondern stattdessen auf andere Verhaltensweisen ausweichen (Rückzug, Vorwürfe u.a.), beginnt in der Regel ein Teufelskreis.

Im Folgenden können Sie herausfinden, wie es kommt, dass Sie und Ihr / Ihre Partner:in sich immer wieder in negativer Art und Weise verstricken:

Schritt 1: Konzentrieren Sie sich zunächst auf sich und beschäftigen Sie sich eine zeitlang mit folgender Frage: Wenn Sie merken, dass Sie sich mit Ihrem / Ihrer Partner:in nicht sicher verbunden fühlen, was tun Sie dann meistens?

Schauen Sie mal, ob Sie in der unten stehenden Liste eine Beschreibung finden können, die zu Ihrem Verhalten oder Gefühl passt. Erzählen Sie Ihrem Partner darüber.

Wenn es zwischen uns nicht gut geht, dann merke ich, dass ich mich meistens folgendermaßen verhalte:

Ich versuche, näher an dich heran zu kommen, indem ich…

• Vorwürfe mache oder Dich auf Deine Fehler hinweise

• laut werde, herumschreie

• auf jeden Fall recht behalte, auch wenn ich dabei immer mehr auf Dich einrede

• Missbilligung und Ablehnung zeige

• Dich als DAS Problem abstempel

• Dir sage, wie Du Dich ändern musst

• Drohungen äußere

• Stiche unter die Gürtellinie geben.


Ich versuche, die Situation in den Griff zu bekommen, indem ich…

• ruhig bleibe und probiere, mit Dir zu argumentieren

• versuche, das Gespräch abrupt zu beenden, indem ich weggehe oder mich mit etwas anderem beschäftige

• nicht zuhöre und erstarre,

• das Thema wechsle,

• mich verteidige und Dir zeige, dass Du unrecht hast,

• einen Ausweg suche, versuche wegzukommen,

• mich schütze, indem ich Abstand nehme.

Schritt 2: Sprechen Sie jetzt mit Ihrer / Ihrem Partner:inin / Ihrem Partner über das, was Sie herausgefunden haben und wie Sie denken, dass Ihr Verhalten bei ihr / ihm ankommt.

1. Teilen Sie Ihrem / Ihrer Partnerin mit, welche Verhaltensweisen für Sie in Situationen von Streit oder Distanz typisch sind.

2. Wie denken Sie, dass Ihr / Ihre Partnerin Ihr Verhalten in diesen Situationen erlebt? Fragen Sie Ihren / Ihre Partner:in, ob Ihre Annahme stimmt.

3. Kennen Sie diesen „Tanz“ schon seit Beginn Ihrer Beziehung? Oder wann hat er begonnen?

Teufelskreise

Der negative Kreislauf ist das Problem,
nicht der Partner!

Drei Teufelskreise

Wir stellen Ihnen die Teufelskreisläufe näher vor. Vielleicht entdecken Sie dabei schon ein Muster, in das Sie mit Ihrer / Ihrem Partner:in regelmäßig geraten. Damit haben Sie bereits den ersten wichtigen Schritt geschafft: den Teufelskreis zu benennen, wenn Sie darin gelandet sind.

Such den Bösewicht / Schuldigen: nicht ich, sondern Du…

Je mehr Du mich angreifst, desto

• gefährlicher erscheinst Du mir.

• mehr greife ich Dich wieder an.

• mehr bin ich „auf der Hut“ vor Dir.

• mehr schlage ich zurück.

• mehr greife ich Dich an.


Fordernde Partner:innen sagen beispielsweise:

Hier gehe ich dran zugrunde. Ich bin ausgeschlossen. Meine Gefühle sind nicht wichtig. Das fühlt sich einsamer an als allein zu leben. Total alleine. Ich werde abgelehnt und bekomme keine Antwort. Ich schlage mit meiner Faust auf die Tür. Ich schreie, damit ich eine Reaktion bekomme – Jede Reaktion ist besser als keine Reaktion. Wir wohnen zusammen, das ist aber auch alles. Ich zähle nicht mehr für Dich.

Protestpolka: kritisieren, bedrängen, vorwerfen, kontrollieren, beschuldigen, fordern Gegenreaktionen: vermeiden, verteidigen, blocken, „Mauer aufbauen“, zu machen, sich verschließen, „bockig“ reagieren

Partner A:

Je mehr ich fühle, dass wir die Verbindung verlieren, desto

• mehr Vorwürfe mache ich Dir.

• verlange alles mögliche von Dir.

• kritisiere ich Dich.

• lasse ich nicht ab von dir.

Partner B:

Je mehr Vorwürfe Du mir machst, desto

• gefährlicher oder bedrohlicher erlebe ich dich

• verteidige ich mich

• ziehe mich zurück, mache „die Schotten dicht“

• grenze ich dich aus

Erstarren und Fliehen: beide Partner ziehen sich zurück, die Beziehung wird ausgesessen, beide fühlen sich resigniert, hoffnungslos

• Ich habe aufgegeben, dir meine Gefühle zu zeigen, ich fühle mich resigniert.

• Ich glaube oft nicht mehr daran, dass ich noch liebenswert, attraktiv, interessant für Dich bin.

• Ich erzähle nichts Persönliches mehr von mir, das kommt ja doch nicht bei Dir an.

• Ich versuche die Familie aufrecht zu erhalten.

• Die Kluft zwischen uns ist so groß geworden, dass ich nicht mehr riskiere auf Dich zuzugehen.


Der
Ausgang

Und was nun? Jetzt kennen Sie vielleicht schon den Teufelskreislauf, in dem Sie mit Ihrer / Ihrem Partner:in regelmäßig landen. Aber wie kommen Sie da wieder heraus?

Es gibt einen Ausweg, der allerdings mit Arbeit verbunden ist, vor allem mit der Arbeit an sich selbst. Auch wenn es viel einfacher scheint, den / die Partner:in zu ändern, damit es Ihnen wieder gut geht. Jetzt heisst es: Die eigenen empfindlichen Punkte, die Schmerzpunkte, zu entdecken.

Wenn wir lieben, sind wir alle verletzlich.

Die empfindlichen Punkte oder Schmerzpunkte

Wie der Name schon vermuten lässt: sie tun weh. Und: Allgemein will niemand so gerne mit ihnen in Berührung kommen.

Die empfindlichsten Punkte dem / der Partnerin zu zeigen, ist ein großes Risiko. Denn die eigene Verletzbarkeit zu zeigen ist das, was meistens vermieden wird.

Was hat es mit diesen empfindlichen Punkten auf sich:

Wo und wie verletzlich jede:r reagiert, hängt mit der Persönlichkeit zusammen, mit der eigenen Bindungsgeschichte, den Beziehungserfahrungen und auch mit traumatischen Erfahrungen, die Menschen verletzlich machen.

Was dann im Gehirn passiert
WENN DAS GEHIRN AUF SIGNALE VON GEFAHR REAGIERT, ENTSTEHEN DIE EMPFINDLICHEN PUNKTE. ES KOMMT ZU ALARMREAKTIONEN.

Der ganze Organismus stellt sich darauf ein, entweder zu kämpfen oder zu fliehen oder, wenn beides nicht mehr geht, zu erstarren. Wer an einem empfindlichen Punkt verletzt wird, wird unsicher, gerät in unsicheres Fahrwasser und ist nicht mehr im sicheren Hafen. Der ganze Organismus steht unter Stress und ist nur noch darauf ausgerichtet, die Verletzung (Bedrohung) zu beenden. Die Reaktionen auf eine Gefahr laufen rasend schnell ab. Auch wenn von dem / der / der Partner:in eine Verletzung ausgeht, ist das bedrohlich und die Reaktion folgt in der Regel auf dem Fuße.

Diese automatische Reaktion heißt es zu unterbrechen, wenn in Ihrer Paarbeziehung andere Verhaltensweisen eine Chance bekommen sollen. Denn in aller Regel startet der Teufelskreislauf, wenn eine / einer von Ihnen oder Sie beide anfangen zu kämpfen, zu fliehen oder zu erstarren. Wie geht das, wenn diese Reaktionen so rasend schnell ablaufen?

• Denken Sie an einen bestimmten Moment während eines Streits oder wenn Sie Distanz zu Ihrem / Ihrer Partner:in fühlten: einen Moment, bei dem Sie sich plötzlich besonders verletzlich fühlten oder auf der Hut waren.

• Denken Sie an den negativsten Gedanken, der in diesem Moment in Ihnen aufkam. Was ist der schlimmste, katastrophalste Gedanke über Ihren / Ihre Partner:in, über sich selbst und Ihre Beziehung?
Zum Beispiel: “ Es ist ihm ja doch alles egal“, „Ich schaffe das sowieso nicht“, „Gleich streiten wir uns und dann trennen wir uns bestimmt bald“.

• Wählen Sie aus der Liste unten einen Begriff aus, der die tiefste Emotion, die bei Ihnen in diesen Momenten aufkommt, am besten beschreibt. Es geht meistens um eine Art Angst oder Schmerz.

In den Momenten, in denen ich mich nicht verbunden fühle, fühle ich mich tief in mir:

• einsam

• unwichtig

• ängstlich

• verzweifelt

• in Panik

• nicht gut genug

• gescheitert / beschämt

• isoliert

• erniedrigt

• klein / unwichtig

• ungewollt

• ausgeschlossen

• hilflos

• verletzt

• eingeschüchtert

• abgelehnt

• traurig

• verloren / verwirrt

• im Stich gelassen

• überwältigt

• verletzlich

• beunruhigt / zittrig

• Vielleicht fällt es Ihnen auch leichter, für dieses tiefe Gefühl ein passendes Bild zu finden wie z.B. „Ich fühle mich vor lauter Angst wie gelähmt“ oder Sie benennen das Gefühl selbst: „Ich habe richtig Todesangst“.

• Finden Sie heraus, was das Schlimmste wäre, was Ihnen passieren könnte: Benennen Sie die katastrophalen Gedanken und Überzeugungen, die die Ängste hervorrufen.

Einige Beispiele für Ängste, die Liebespartner:innen häufig äußern

•“Ich bin mir nicht sicher, ob mein / meine Partnerin für mich da ist.“

•“Ich bin in unserer Beziehung unsichtbar.“

•“Ganz gleich, wie sehr ich mich bemühe, ich kann es ihr / ihm nicht recht machen.“

•“Meine Meinung zählt in unserer Beziehung nicht.“

•“Ich fühle mich nicht gewollt.“

•“Ich glaube nicht, dass mein / meine Partner:in mich attraktiv findet.“

•“Er / sie hört nicht zu, wenn ich über meine Gefühle sprechen möchte.“

•“Ich pralle an ihm / ihr ab.“

•“Für meine Bedürfnisse bleibt in unserer Beziehung kein Raum.“

Nachdem Sie im ersten Teil der „Halt mich fest“-Gespräche schon verstanden haben, was Ihre Schmerzpunkte sind, die Ihnen Angst machen und Sie tief verunsichern, steht im zweiten Teil des „Halt mich fest-Gesprächs“ im Mittelpunkt, was Sie von Ihrer  / Ihrem Partner brauchen, damit Sie sich wieder sicher fühlen.

Am besten beginnt der / die Partner:in, der / die sich in der Regel zurückzieht. Sie können folgendermaßen vorgehen:

Gefühl zurückgeben

1. Beginnen Sie damit, zu den Gefühlen zurückzugehen, die Sie bei den Schmerzpunkten entdeckt haben. Wenn Sie diese Gefühle auf sich wirken lassen, dann finden Sie in der Regel in der Tiefe dieser Gefühle eine Furcht oder Angst, von Ihrem / Ihrer Partner:in zurückgewiesen oder verlassen zu werden. Diese Ängste sind tief in unserem Gehirn verankert. Jeder Mensch kennt sie. Beschreiben Sie diese Angst so klar wie möglich.

2. Welche Reaktion oder welche Art von Rückversicherung Ihres Partners / Ihrer Partnerin würde Ihnen helfen, mit dieser Angst umzugehen? Sagen Sie Ihrer / Ihrem  Partner kurz, einfach und direkt, was Sie von ihr / ihm brauchen, wenn diese Angst auftaucht. Es geht dabei meistens um das Bedürfnis oder die Sehnsucht nach Fürsorge, Trost oder Beruhigung. Wenn es Ihnen schwerfällt, mit Ihrem Bedürfnis in Kontakt zu kommen oder es auszudrücken, dann können Sie sich an der folgenden Liste orientieren.

Ich brauche es, zu fühlen oder wahrzunehmen,

• dass ich für Dich jemand Besonderes bin und dass Du unsere Beziehung wirklich zu schätzen weißt. Ich brauche die Gewissheit, dass ich für Dich die Nummer Eins bin und dass für Dich nichts wichtiger ist als unsere Beziehung.

• dass Du mich als Partnerin und als Geliebte begehrst und dass es Dir wichtig ist, mich glücklich zu machen.

• dass ich geliebt und akzeptiert werde, mit allen meinen Mängeln und Unvollkommenheiten. Ich kann nicht perfekt für Dich sein.

• dass Du mich brauchst und dass Du meine Nähe suchst.

• dass ich mich bei Dir sicher fühlen kann, weil Dir meine Gefühle, Verletzlichkeiten und Bedürfnisse wichtig sind.

• dass ich sicher sein kann, dass Du für mich da sein und mich nicht alleine lassen wirst, wenn ich Dich am dringendsten brauche.

• dass ich gehört und respektiert werde. Ich bitte Dich, mich nicht abzulehnen und schlecht über mich zu denken.

• dass ich sicher sein kann, dass Du mich hörst und dass dann alles andere eben unwichtig ist.

• dass ich Dich bitten kann, mich festzuhalten, und dass Du verstehst, dass es mir schwer fällt, dich darum zu bitten.

Aufnehmen, hören, selbst Gefühle zurückgeben

Wenn Sie die / der Zuhörer:in sind, versuchen Sie, die Worte Ihres Partners / Ihrer Partnerin in sich aufzunehmen und zu hören, wonach er / sie sich sehnt. Wenn Sie nachprüfen wollen, ob das, was Sie gehört haben, richtig ist, können Sie nachfragen. Wenn Sie reagieren wollen und Ihnen das leicht fällt, ist das auch in Ordnung, das ist allerdings nicht Teil dieser Übung.

Wenn Sie die /der Partner:in sind, die / der zugehört hat, dann sind Sie jetzt mit der Übung an der Reihe.

Vergebung und Wiedergutmachung

Bis hierher haben Sie schon eine ganze Menge geschafft. Respekt. Ein letzter und wichtiger Teil steht noch aus. Wenn Sie sich durch das Verhalten Ihres Partners / Ihrer Partnerin verletzt fühlten, ihm / ihr davon erzählen konnten, kann es stimmig sein, ihm / ihr die Verletzungen zu vergeben.

Wenn Sie folgenden Schritten folgen, kann eine Wiedergutmachung nach Verletzungen gelingen:

a. Die verletzte Person: Benennen Sie die verletzende Situation. Insbesondere beschreiben Sie so genau wie möglich, was Sie daran verletzt hat: Sprechen Sie über den Kern des Schmerzes – drücken Sie ihn deutlich aus, ohne den / die Partner:in zu beschuldigen, zu beschützen oder zu verteidigen.

b. Die verletzende Person: Sie hören aufmerksam zu. Akzeptieren Sie den Schmerz der verletzten Person und untersuchen Sie sichtbar und fühlbar, welche (eigenen) Reaktionen zu den Verletzungen geführt haben.

c. Die verletzende Person: Sie entschuldigen sich. Äußern Sie, was Sie dabei erleben: Bedauern, Traurigkeit, Scham. „Dein Schmerz ist auch mein Schmerz“.

d. Die verletzte Person: Jetzt können Sie um den Trost oder die Unterstützung bitten, die damals gefehlt hat oder noch immer fehlt mit dem Ziel, die emotionale Verbindung wiederherzustellen.

e. Die verletzende Person: Sie können jetzt reagieren: „Ich bin jetzt für Dich da“.