Der Stress mit dem Stress
Wer kennt sie nicht, die stressigen Zeiten in Paarbeziehungen. Kommen zur ohnehin schon dicht getakteten Organisation des Alltags noch außergewöhnliche Ereignisse hinzu, schlägt der Stresspegel in Richtung Überforderung aus. Da reicht schon die Erkrankung eines Kindes, das nicht in die Kita gehen kann oder der Ausfall von Unterrichtsstunden in der Schule, sodass Kinder zuhause betreut werden müssen. Gegen Stress ist kein Kraut gewachsen? Einfach Augen zu und durch? Ganz so aussichtslos ist es nicht. Mithilfe von gezielten Übungen können Sie ausprobieren, ob Sie den Stresslevel in Ihrer Beziehung zumindest zeitweise senken können.
Schritte aufeinander zu
Machen Sie Schritte aufeinander zu!
Das geschieht oft nicht von selbst und ist vielleicht weniger selbstverständlich, als Sie denken. Wenn Sie auf Ihren / Ihre Partner:in zugehen und er / sie darauf reagiert, entsteht Intimität. In zufriedenen Paarbeziehungen wenden sich die Partner:innen systematisch, z.B. in Form von Ritualen und häufig einander zu. Wenn Sie folgende Regeln beherzigen, ist schon ein wichtiger Schritt getan:
1. Wenn Ihre / Ihr Partner:in die Initiative ergreift, gehen Sie darauf ein, z.B. wenn sie / er Ihnen von einem Erlebnis erzählen will oder mit Ihnen gemeinsam etwas unternehmen möchte.
2. Zeigen Sie sich offen für Vorschläge Ihres Partners / Ihrer Partnerin, auch wenn Sie nicht zu 100% davon überzeugt sind. Lassen Sie sich darauf ein und lassen Sie sich auf diese Weise von ihm / ihr beeinflussen. Keine Sorge: Sie bleiben weiter selbstbestimmt und souverän, auch wenn Sie sich hin und wieder Ihrer / Ihrem Partner:in anschließen und nicht bei jeder Gelegenheit auf Ihrer Sicht der Welt bestehen.
Wenn Sie merken, dass es Ihnen gerade schwerfällt, auf Ihre / Ihren Partner:in zuzugehen, weil der Stress z.B. im Beruf zu hoch ist, dann gibt es eine hilfreiche Übung: Cool-Down-Gespräche. Sie kennen das vielleicht vom Sport. Nach einer Trainingseinheit beim Sport gibt es das Abwärmen oder Auslaufen, um den Kreislauf wieder herunterzufahren und zu beruhigen. Helfen Sie sich gegenseitig, mit Stress umzugehen. Bevor Sie direkt loslegen, z.B. während des Essens oder wenn die Kinder im Bett sind, überlegen Sie, wann und wo Sie wirklich bereit sind, die Ruhe haben, miteinander reden zu wollen. Sie brauchen „nur“ 20 bis 30 Minuten pro Tag.
Hauptregel: Sie dürfen über alles sprechen, was Ihnen durch den Kopf geht, es darf jedoch nichts mit Ihrer Beziehung zu tun haben.
Ziel dieses Gespräches ist es, den/ die Partner:in in verschiedenen Lebensbereichen zu unterstützen.
Aktives Zuhören
Hören Sie Ihrem / Ihrer Partner:in aufmerksam zu und lassen ihn / sie aussprechen. Versuchen Sie, sich in seine / ihre Lage hineinzuversetzen und ihn / sie wertfrei zu verstehen. Falls Fragen aufkommen sollten, fragen Sie nach. Das zeigt dem / der Partner:in, dass Sie interessiert und aufmerksam sind.
abwechselnd sprechen
Jeder von Ihnen bekommt ca. 5 Minuten Zeit, über eine stressige / problematische / belastende aktuelle Situation in ihrem / seinem Leben zu sprechen.
aufmerksames Interesse
Zeigen Sie Ihrer / Ihrem Partner:in, dass Sie nicht nur aufmerksam sind, sondern dass sich wirklich für sie / ihn und seine Lage interessieren. Aufrichtiges Interesse zeigen Sie, indem Sie sich während des Gesprächs durch Nichts ablenken lassen. Bleiben Sie mit ihr / ihm im Blickkontakt, geben Sie kurze Rückmeldung. Auch ein einfaches „Ja, ich verstehe“ gibt Ihrem Gegenüber das Gefühl, dass Sie dem Gespräch folgen und ihr / ihm Ihre volle Aufmerksamkeit widmen.
Rückmeldung geben
Sie müssen nicht alles nachvollziehen können, was Ihr / Ihre Partner:in als Problem oder Stress empfindet. Sie sollten ihm / ihr aber dennoch zeigen, dass Sie seine / ihre Gefühle dahinter wahrnehmen und verstehen können. Das können Sie tun, indem Sie diese Gefühle eingehen und sie aussprechen, z.B. Das ist ja ein starkes Stück. Dass dich das Verhalten deines Kollegen ärgert, kann ich gut nachvollziehen“.
emotional unterstützen
Ein Beispiel: Ihr Partner hat den Werkstatttermin für das Auto versemmelt und den Wagen eine Stunde später als vereinbart hingefahren. Der Kfz-Meister war ungehalten und hat Ihren Partner wissen lassen, dass er das Auto nächstes Mal pünktlich bringt oder gar nicht mehr zu kommen braucht. Ihr Partner kommt verärgert zurück und schildert Ihnen die Situation.
No go: In dieser Situation belehrend aufzutreten und zu sagen: „Tja, da hat er eigentlich ja recht. Das passiert dir ja öfter“. Das wäre das Gegenteil von emotionaler Unterstützung, die sich Ihr Partner in dieser Situation von Ihnen wünscht. Er möchte, dass Sie ihm zu Seite springen, indem Sie z.B. sagen: „Das ist ja wirklich übertrieben, wie der sich aufgespielt hat!“. Wenn Ihr Partner sich später etwas abgekühlt hat, könnten Sie ggf. nochmals das Thema mit der Verspätung aufgreifen.
keine ungefragten Ratschläge
Wenn Sie Ihrem / Ihrer Partner:in aufmerksam zuhören, können Sie sich ein Bild der Gesamtsituation machen und werden nicht so schnell verleitet, vorschnell Ratschläge zu erteilen. So geben Sie Ihrem/ Ihrer Partner:in das Gefühl, sich in seine / ihre missliche Lage wirklich hineinversetzen zu können. Ihr offenes Ohr und Ihr mitfühlendes Verstehen helfen Ihrem / Ihrer Partner:in oft mehr, eine eigene Lösung zu finden, als wenn Sie ihm / ihr Ratschläge erteilen, auch dann, wenn es in einer guten Absicht geschieht. Auch Rat-Schläge sind Schläge, vor allem dann, wenn sie ungefragt erteilt werden. Sie vermitteln dem / der anderen, blind oder inkompetent zu sein, weil die Lösung ja auf der Hand liegt. Falls Ihr / Ihre Partner:in Sie jedoch ausdrücklich um Ihren Rat fragt, gehen Sie auf seinen / ihren Wunsch ein.
wir gegen den Rest der Welt
Sehen Sie sich und Ihre / Ihren Partner:in als Team, das alles gemeinsam schaffen kann. Wenn Sie oder Ihre / Ihr Partner:in sich alleine fühlt oder in Schwierigkeiten steckt, geben Sie ihm zu verstehen: Ich bin für dich da. Das wuppen wir gemeinsam!“.
Zuneigung zeigen
Zeigen Sie Ihrer / Ihrem Partnerin, dass Sie sie / ihn mögen. Das kann wortlos durch einfache liebevolle Gesten geschehen (in den Arm nehmen, Hand streicheln, küssen). Aber Worte wie z.B. „Ich bin so froh dich an meiner Seite zu haben“, sind manchmal wichtig, um Ihre Zuneigung auszudrücken. Auch kleine Komplimente können eine große Wirkung haben wie z.B. „Die Farbe deines T-Shirts steht dir richtig gut. Du gefällst mir darin ganz besonders!“
Gefühle bestätigen
Zeigen Sie Ihrem/ Ihrer Partner:in, dass Sie seine/ ihre Gefühle verstehen und bestätigen Sie diese, indem Sie z.B. sagen: „Das ist ja ungeheuerlich. Da würde ich mich genauso aufregen“ oder „Das ist echt bedrückend. Mir würde es ganz ähnlich gehen“.
Paarlife – ein externes Online-Training
Paarlife
Das Onlinetraining paarlife der Universität Zürich wurde entwickelt von Professor Guy Bodenmann und führt sie anhand von Modulen durch die vier Belastungsbereiche. Mittels Trainingsübungen und Videos werden Sie digital begleitet und
können so ihre Paarbeziehung verbessern.
Bitte beachten Sie, dass Sie sich für das Online-Training anmelden müssen. Eine Datenübertragung aus dem Lotsenportal findet NICHT statt.
Haben Sie noch weitere Belastungsbereiche ausmachen können? Hier kommen Sie wieder zu der Übersichtsseite des mittleren Belastungsbereichs.